Dickeler Sand bei Rehden - das ist für viele mit Erinnerungen an das durch einen hohen Zaun hermetisch abgeriegelte militärische Sperrgebiet verbunden, das einen großen Teil dieses Moränengeländes eingenommen hat. Es handelte sich um die Muna Rehden (Muna = Munitionsanstalt), ein Relikt des Kalten Krieges mit einer NS-Vergangenheit. Der Bereich war einerseits geheimnisumwittert, wirkte martialisch bedrohlich, und war andererseits auch ein nicht unbedeutender Wirtschaftsfaktor der Region.
Im Jahre 1937 begannen die Bauarbeiten zur Errichtung der Heeresmunitionsanstalt zwischen Rehden und Dickel. Das Dünen-Gelände war damals bereits “Staatsforst” und mit Kiefern bewaldet, nur die Randbereiche des Dickeler Sand waren noch Heide. Zwischen 1938 und 1940 wurde die Muna fertiggestellt und an die Wehrmacht übergeben. Die Anlage bekam einen Gleisanschluß über den Bahnhof Rehden-Wetschen an die Eisenbahnstrecke Nienburg-Diepholz. Produziert wurden Granaten, Minen und Mörsermunition. Zunächst arbeiteten 70 Wehrmachtsangehörige und dienstverpflichtete Facharbeiter sowie 150 dienstverpflichtete, überwiegend österreichische junge Mädchen in der getarnten Munitionsfabrik. Später kamen russische und französische Kriegsgefangene und 100 Zwangsarbeiterinnen aus der Ukraine hinzu. Sie wurden außerhalb der Muna bei Rehden in einem Kriegsgefangenenlager bzw. einem Zwangsarbeiterinnenlager untergebracht. Im April 1944 kam es zu einem Explosionsunglück in der Granatenabfüllanlage, das rund 60 Menschen das Leben kostete.
Nach der Besetzung der Muna durch britische Truppen am 07.04.1945 ließen diese die Munitionsbestände räumen. Die Arbeiten wurden Ende 1946 abgeschlossen. Im März 1945 haben sich auf dem Gelände der Muna Rehden - laut einer Archivrecherche der Firma Wersche aus dem Jahre 1990 - neben konventioneller Munition auch rund 4300 Tonnen chemischer Munition befunden, die in der Muna Espelkamp abgefüllt oder gelagert worden sein sollen. In der Regel haben die Briten die chemischen Waffen aus Wehrmachtsbeständen in der Nordsee versenkt, doch der Verbleib der Bestände der Muna gilt laut der Recherche als “unklar” (Quelle: Diepholzer Kreisblatt vom 22.01.2005). 1947 übergaben die Briten die Muna den deutschen Behörden. Die Kasernenbauten sowie auch Bunker wurden zunächst als Notunterkunft für befreite Zwangsarbeiter, später von Flüchtlingsfamilien aus den Ostgebieten genutzt. Nach der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland übernahm im Jahre 1956 die Bundeswehr das Areal und richtete 1957 dort das “ Luftwaffenmunitionsdepot 61” ein. Es unterstand dem “Luftwaffenversorgungsregiment 6” in Oldenburg. Die Anlage war mit 200 ha das flächenmäßig sowie hinsichtlich der Umschlagskapazität größte Munitionsdepot der bundesdeutschen Luftwaffe. Es war auf 5000 t Netto-Explosivstoff ausgerichtet. Gelagert, instandgehalten und instandgesetzt, jedoch nicht produziert wurden alle von der Luftwaffe verwendeten Munitionsarten einschließlich Raketenstufen der “Pershing I”. In der sogenannten “Heidmoorkaserne” im Südwesten der Anlage wurden die Verwaltung und die Soldaten des Depots untergebracht. Dort steht noch heute der auffällige grüne Funkturm, auf dem damals die Richtfunkantennen des militärischen Kommunikationsnetzes montiert waren. In den 1980er Jahren arbeiteten ca. 60 Soldaten (30 Mannschafts-, 20 Unteroffiziers-, 10 Offiziersdienstgrade) und 100 Zivilbedienstete in der Muna, darunter 14 Berufsfeuerwehrmänner. Die technisch anspruchsvolle und gefährliche Arbeit mit Munition erforderte auch von den Soldaten eine gute Spezialausbildung, die sie an verschiedenen Fachlehrgängen erwarben. Ein großer Teil von ihnen wurde an der Lufwaffenschule Kaufbeuren zum “Ersten Munitionsmechaniker” ausgebildet. Die Bewachung der Muna übergab die Bundeswehr in den 80er Jahren einem zivilen Wachdienst, der hier 35 Wachmänner beschäftigte. Der Wachdienst verfügte über 10-15 scharfe, “auf Mann” abgerichtete Schäferhunde. Der Zaun hatte eine Gesamtlänge von 8 km. Auf dem Muna-Gelände befand sich ein mindestens 20 km langes Straßennetz, über 2 km Eisenbahngleis sowie eine Bundeswehr-Diesellokomotive vom Typ “Deutz KS 200 B” (WNr. 56895) und eine “KS 230 B” (WNr. 57525). Die beiden Lokomotiven waren vermutlich nicht gleichzeitig im Einsatz. Ebenso ist nicht bekannt, wie lange die Bundeswehr auf dem Muna-Gelände und dem Anschlußgleis überhaupt eine eigene Lokomotive eingesetzt hat. Noch in den 1980er Jahren erfolgten bewachte Munitionstransporte per Bahn über Rehden-Wetschen und Diepholz, diese allerdings durchgehend mit Lokomotiven der Deutschen Bundesbahn.
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